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Der Frauen*-Röstigraben

Gemäss Wikipedia ist der Röstigraben Folgendes: Der Röstigraben ist der bildhafte Ausdruck für die Sprachgrenze zwischen dem deutschsprachigen und dem französischsprachigen Teil der Schweiz, darüber hinaus für die kulturellen Unterschiede zwischen den beiden grössten Schweizer Sprachregionen.


Leider ist mir bis jetzt kein anderer Ausdruck in den Sinn gekommen, der für mich den sogenannten „Röstigraben“ zwischen Frauen* bildhafter beschreiben könnte.

Ist dir dieser Graben auch schon aufgefallen? Mir nämlich für eine ganz lange Zeit nicht. Aber es gibt ihn. Er ist eindeutig da.

Ich begann diesen Graben erst wahrzunehmen, als ich mich entschieden hatte, keine Mutter zu werden. So lange der Kinderwunsch vorhanden war, war dieser Graben für mich nicht spürbar. Aber dann kam dieser Graben Schlag auf Schlag und wurde immer grösser und grösser und auch sichtbarer. Seit ungefähr vier Jahren beobachte ich, was dieser Graben für Auswirkungen auf uns Frauen* hat.

Meine Erkenntnis aus meiner Feldstudie ist: meine Güte, können wir bitte diesen Graben schliessen? B-I-T-T-E!


Stellt euch das Frausein* in zwei Lager eingeteilt vor. Das Lager der Mütter und das Lager der nicht Mütter. Bis zu einem bestimmten Alter können diese zwei Lager also gar nicht existieren und es besteht nur - verallgemeinert geschrieben - „ein einziges Lager“. Beim Heranwachsen bewegt man sich mehr oder weniger unter Gleichaltrigen und erst ab einer bestimmten Lebensphase kommt die Möglichkeit des Mutterseins dazu. Ab dann und danach kommt’s: die Lager brechen auseinander.

Du musst entscheiden, welches Lager du wählst. Es klingt krass, aber so ist es einfach. Willst du denn sogenannten „natürlichen“ Weg gehen und eine Mutter sein? Was einer Frau* schliesslich seit Beginn der Menschheit als vordergründige Rolle auferlegt wurde und ihre Existenz berechtigte? Oder willst du keine Mutter sein? Aus welchen Gründen auch immer. Schliesslich ist das Muttersein für eine Frau* nicht mehr die einzige Daseinsberechtigung, obwohl gesellschaftlich viele diese Meinung unbewusst immer noch ganz tief in sich tragen.


Eine Zeit lang macht eine Frau* den Spagat zwischen den beiden Welten bzw. den sogenannten Lager. Vielleicht hat man sich noch nicht entschieden, welchem Lager man beitreten möchte oder die Lager-Unterschiede sind noch nicht ganz so spürbar. Man löst sich schliesslich letztendlich ungern von Altbewährtem ab. Jedoch nach einer gewissen Zeit distanziert man sich von dem Lager, wo man „nicht dazu gehört“. Bewusst oder auch unbewusst. Das ist meine Beobachtung. Freundinnen von mir, die keine Mütter sind, haben Freundinnen, die Mütter sind – ganz klar. Die richtig guten und engen Freundinnen aber werden meistens die Artgenossinnen - also die nicht Mütter.

Freundinnen von mir, die Mütter sind, fühlen sich auch nicht wohl unter nur Frauen*, die keine Mütter sind. Sie suchen sich genauso andere Mütter. Was auch völlig legitim und vor allem wichtig ist. Man will sich austauschen und nicht alleine sein in seinem Dasein. Demnach ist es völlig logisch und nur natürlich, dass wir so handeln.


Aber das beste Beispiel, dass es auch anders geht, ist meine beste Freundin und ich. Sie ist eine wundervolle Frau und Mutter von drei Kindern und ich – wie ihr wisst – eine kinderfreie Frau. Wir ergänzen uns super und unterstützen uns bedingungslos gegenseitig, auch wenn wir nicht dem gleichen Lager angehören. Für uns macht es keinen Unterschied, ob Mutter oder nicht. Wir sind einfach zwei Frauen - that’s it und das ist wohl auch das Geheimrezept unserer Freundschaft. Wir lieben uns nicht unseren Umständen willen, sondern weil wir den Menschen gegenüber einfach unglaublich toll finden.


Es ist demnach schade - sogar extrem schade, wenn wir in zwei Lager eingeteilt sind. Weil stellt euch vor, wenn wir hier keinen Unterschied machen würden? Und ich weiss, viele von euch werden nun auch behaupten, sie machen keinen Unterschied. Glaubt mir aber: ihr macht ihn. Genauso wie ich immer wieder auch. Ich muss mir oft an die eigene Nase fassen und meine Einstellungen und Haltungen hinterfragen.


Es vergeht kaum eine Woche, wo eine Mutter oder auch einfach eine andere Person mir nicht das Gefühl gibt, ich habe keine Ahnung vom Leben. Weil ich eben keine Mutter bin. Es ist dann nur logisch, formiere ich mich mehrheitlich unter Gleichgesinnten, weil da darf ich sein wie ich bin und habe immer noch „Ahnung vom Leben“ – also, von meinem Leben - und werde nicht für mein Nichtmuttersein verurteilt. Aber keine Angst, die nicht Mütter sind kein Deut besser als die Mütter. Frauen* ohne Kinder urteilen auch über Mütter wie sie ihre Kinder zu erziehen haben oder wie sie weiterhin ihr Leben als Frau* bestreiten und denken sich auch ab und zu ganz frech: „ach, das würde ich besser können“ bis zu ganz krass: „was für eine Mutter“ – und diese Aussage ist nicht positiv gemeint. Als ob die nicht Mütter dies in irgendeiner Weise überhaupt beurteilen könnten. Es ist anmassend eine solche Behauptung auszusprechen, ohne selbst jemals in dieser Situation gewesen zu sein. Ich hatte auch eine Vorstellung, wie ich als Mutter sein würde. Wie es aber dann tatsächlich gewesen wäre, tja, das wissen wir nicht. Eine Vorstellung von etwas zu haben ist immer einfach. Die Realität weicht aber häufig davon ab. Also behaltet alle eure Meinungen in diesem Bezug für euch oder hinterfragt sie.


Was ich eigentlich mit dem Aufzeigen dieser Problematik sagen will: Solange wir uns Frauen* gegenseitig das Leben schwer machen und das machen wir tatsächlich immer wieder subtil, werden wir in der Gleichberechtigungsfrage keinen Schritt weiter kommen. Wir können nicht allen anderen die Schuld geben und uns selbst untereinander „bekämpfen“ und nicht akzeptieren wie wir sind. Wir müssen uns zusammentun, egal ob Mütter oder Frauen* ohne Kinder. Wir müssen eine Einheit bilden und erst wenn uns das gelingt, werden wir nämlich unsere Forderungen einheitlich vorbringen können und eine Änderung bewirken.


Also liebe Frauen, tut euch zusammen und bildet eine Einheit. Dann sind wir unschlagbar und nur so kommen wir weiter.


Eure kampfbereite MINKA

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