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Die starke Frau hinter dem starken Mann!


„Hinter jedem starken Mann steht eine starke Frau“. Dieser Satz hat wahrscheinlich jede*r von uns schon einmal gehört oder gelesen. Was verstehst du ganz persönlich unter dieser Aussage? Welches Alltagsbeispiel würdest du nehmen, um mir dein Verständnis für diesen Satz aufzuzeigen? Ich kann mir nämlich vorstellen, dass nicht alle den Satz auf dieselbe Weise verstehen. Ich zum Beispiel gehe soweit und behaupte, dass in einer hetero Beziehung der Mann ohne die starke Frau an seiner Seite in vielen Sachen nur noch halb so stark ist. Natürlich ist das umgekehrt genauso auch der Fall. Ohne den starken Mann ist die Frau dann auch weniger stark – was auch immer die Bedeutung von „stark sein“ ist/sein sollte.....

Schlussendlich aber stärken wir uns gegenseitig den Rücken und das ist eine schöne Sache.

A-B-E-R und das ist eine weitere Behauptung von mir und basiert auf unterschiedlichen Beobachtungen meinerseits, finde ich sogar, dass der Mann sich zu häufig darauf verlässt, dass die Frau ihm dann schon den Rücken stärkt, wenn er es braucht. Die Frau verlässt sich da lieber zuerst einmal auf sich alleine und ist dann aber bestimmt auch froh, wenn ihr zusätzlich noch den Rücken durch ihren Partner gestärkt wird.


Ich konnte verschiedene Paradebeispiele bei meiner Mutter, Grossmutter, Schwiegermutter in Spe, Freundinnen, Arbeitskolleginnen, Bekannten und bei mir selbst beobachten. Ohne unser stetiges Zuhören, Aufmuntern, Bestärken und den Rücken frei halten wären unsere Partner nie so, wie sie nach aussen hin den Anschein machen.


Wie immer in meinen Texten will ich niemanden schlecht reden/schreiben oder diskriminieren. Es ist aber nun mal eine Tatsache, dass ein Mann, wenn er Probleme hat, dies oft mit sich alleine ausmacht oder all seine Sorgen nur mit der Partnerin teilt. Wer kennt die Aussage von seinem Partner nicht: „Ich brauche doch keine fremde Hilfe, ich weiss schon, wie es geht“?

Oder wie häufig hast du dich schon nur genervt, weil er es nicht einmal über sich bringt, nach dem Weg zu fragen? Wird dann der Vorschlag gemacht, doch einmal eine*n Passant*in nach Hilfe zu fragen, kommt häufig als Antwort zurück: „Ich weiss schon, wo es langt geht“. A-H-A!

Leider herrscht auch hier das patriarchische System und diesmal nicht zu Gunsten des Mannes, sondern zu seinem Nachteil: er darf keine Schwäche zeigen oder „Fehler“ zugeben.


Aber was ist eigentlich eine Schwäche? Was ist die Definition davon? Wer darf überhaupt bestimmen, was eine Schwäche ist? Vor allem, wieso sollte eine Schwäche negativ sein? Und wieso darf der Mann sich nicht verletzlich zeigen? Wieso muss er immer nach aussen hin den Anschein wahren, dass er alles im Griff hat, ihn keine Probleme beschäftigen und dass er immer genau weiss, was er im Leben will und das dann auch in Angriff nimmt und umsetzt?


Es weiss ja wohl niemand einfach so, ohne dass man durch einen Prozess gegangen ist, sich Zeit genommen hat, sich seine Fragen zu beantworten, was man im Leben wirklich will. Dabei gibt es auch immer wieder schlechte Tage und hier meine ich nicht einfach nur schlechte Launen, die gesellschaftlich halbwegs noch so akzeptiert sind. Nein, ich meine eher das Gefühl irgendwie an einem falschen Punkt im Leben zu stehen. Das haben wir eindeutig alle mindestens einmal. Man fühlt sich traurig, alles entgleitet einem, man weiss nicht weiter oder man hat einfach nicht mehr die Kraft, um vorwärts zu gehen.

Ist ein Mann an so einem Punkt, wird das oft mit sich alleine ausgemacht oder eben die Partnerin übernimmt nebst Ehefrau/Freundin auch noch die Rolle der Trösterin, Sorgenlöserin, Aufmunterin, Zuhörerin, Gut-Zurednerin, Ideengeberin, Lösungsvorschlagerin und noch viele mehr. Der Mann würde diesen Umstand so zwar nie zugeben. Es ist ihm nämlich vielfach auch gar nicht bewusst. Trotzdem erwartet er unbewusst, dass die Partnerin - als oft alleinige Mitwisserin - seine Sorgen verschwinden lässt oder sie weniger werden. Nur leider - sorry, muss jede*r seine Probleme selber lösen. Das kann niemand für jemand anderes übernehmen. Natürlich kann man immer auf Unterstützung von seinem Gegenüber hoffen und das wird weiterhin auch bestimmt der Fall sein. Das man im Leben aber glücklich ist, da ist jede*r selbst dafür verantwortlich.


Die Frau hat meistens einen ganz anderen Umgang mit solchen schwierigen Lebenssituationen. Klar, in erster Linie - also bei mir ist das so - ist auch mein Partner meine erste Anlaufstelle. Er ist aber bei weitem nicht der Einzige. Ich diskutiere mit meinen Freund*innen, Familienmitglieder, Arbeitskolleg*innen und nach Bedarf auch mit einer aussenstehenden, professionellen Hilfe wie zum Beispiel einem/r Psychiater*in meine Probleme. Das heisst, ich belaste meinen Freund nur im Masse mit meinen Sorgen – oder ich versuche es zumindest. Schliesslich gewichtet eine Sorge - verteilt auf mehrere Schultern - weniger, als wenn die/der Partner*in dies ganz alleine tragen müsste. Es ist auch nicht die Aufgabe der/s Partner*in all dies alleine zu ertragen.


Kommt man als Partnerin mit seinen Lösungsvorschlägen, gut Zuhören und einfach da sein nicht weiter, ist der Vorschlag, sich aussenstehende Hilfe zu holen, häufig der nächste Schritt. Wie oben auch schon erwähnt, ist die Bereitschaft dazu nicht immer sofort da und häufig sogar auch gar nie. Man hat Hemmungen und die gesellschaftlichen Prägungen sind immer noch so, dass man leider als „schwach“ gilt, wenn man sich professionelle Hilfe holt.

Ich versteh’s echt nicht. Wir gehen schliesslich auch alle Jahre zur Dentalhygiene oder zum Zahnarzt, damit unsere Zähne gesund bleiben. Die Psyche oder Seele muss doch genauso gereinigt werden, damit sie nicht verstopft. Also trauen wir uns - sprengen wir die Fesseln des Patriarchats - und stehen zu unserer Verletzlichkeit und unseren Problemen. Man hilft nicht nur sich selbst, sondern auch deiner*m Partner*in und allen Leuten, die einem nahestehen. Es ist nämlich der einfachste und der schnellste Weg im Leben voranzukommen.

Eure sich immer wieder aussenstehende Hilfe holende,

MINKA


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Anmerkung: Ich schreibe in diesem Text bewusst aus der heteronormativen Sicht, um den Unterschied zwischen den beiden sozialen Geschlechtern Frau und Mann etwas sichtbarer zu machen. Mir ist es aber wichtig, zu erwähnen, dass ich die heteronormative Weltanschauung nicht als normal ansehe und auch nicht anerkenne.


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