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„Kleider machen Leute“ oder so ähnlich.....



Das stimmt. Die äussere Erscheinung - insbesondere die Kleidung - lässt uns schnell ein Bild von unserem Gegenüber machen. Ein Mann*, der mit Anzug, Krawatte und auf Hochglanz polierten Lederschuhen vor uns steht, stecken wir sofort in die „Geschäftsmannsparte“ mit viel Geld, Statusdenken und nach dem Motto: schneller, besser, höher. Muss aber so nicht sein. Es könnte auch einfach ein Mensch sein, der es schätzt und liebt, schöne Anzüge zu tragen. Beruflich aber absolut nichts damit zu tun hat und auf ein fettes Bankkonto einen Dreck gibt.

Dasselbe gilt auch für eine Frau*, die mit High Heels, farbig auffälligen und figurbetonten Kleider und mit rotem Lippenstift vor dir steht. In welche Sparte steckst du diesen Menschen? Denkst du, die Person ist extrovertiert oder einfach nur modeinteressiert? Oder denkst du, etwas weniger Make-Up würde auch nicht schaden und das ganze Outfit ist schon eher „too much“? Oder feierst du sie für ihren Style, weil es einfach nur schön ist und zu ihr passt?


Kleider lassen uns eindeutig eine Meinung über den Menschen bilden, bevor diese Person überhaupt einen Satz mit uns gesprochen hat. Grundsätzlich spricht nichts dagegen. Wir beobachten und haben durch unsere Erfahrungen, die wir davor sammeln konnten tatsächlich ein gewisses Gespür, Menschen auf Grund ihrer äusserer Erscheinung einzuschätzen. Wir dürfen aber nie vergessen und immer im Hinterkopf behalten, dass wir jederzeit überrascht und eines neuen belehrt werden können. Deshalb sollten wir, wenn wir beobachten und einen Menschen auf Grund seiner Kleidung in eine Sparte stecken, dies immer sehr neutral machen. Vor allem nicht verurteilend oder verachtend dabei sein.


Das ist das, was vielfach nämlich vor allem Frauen* passiert. Sie werden vorschnell auf Grund ihrer Kleidung und ihrer Aufmachung beurteilt. Wir können dies beispielsweise sehr stark bei einer Frau beobachten, die politisch in der Öffentlichkeit steht. Es wird oft mehr über ihr Outfit und ihre Frisur diskutiert, als für das wofür sie sich politisch einsetzt und wie sie das macht. Ein auffälliger Anzug, allfälliges lichtes Haar oder ein Bäuchlein, das über den Gurt getragen wird, ist bei einem männlichen Politiker selten bis kaum eine Schlagzeile wert. Hier herrscht ein gewaltiger Unterschied zwischen den Geschlechtern und ist für jeden sichtbar und kann nicht abgestritten werden. Wieso ist das nur so?


Unter anderem hat dies natürlich historische Gründe und ist bis heute spürbar. Das Argument, heute ist alles anders, stimmt in diesem Fall nur bedingt. Wir sind geprägt von früheren Machenschaften und Einstellungen. Dem weiblichen Geschlecht wird seit jeher vorgeschrieben, wie es sich zu kleiden hat, damit Frau in der Gesellschaft akzeptiert wird.

Es soll ja nicht zu knapp, zu auffällig, zu bunt oder wehe auch noch zu aufreizend sein. „Was söu dä Gugus? – würkli!“. Es soll doch jede und jeder anziehen können, was sie oder er möchte.

Wer aber hat ein Problem damit, wenn sich eine Frau* „zu“ sexy anzieht? Meiner Meinung nach leider die Männer* wie die Frauen* gleichermassen.

Der Mann* beispielsweise aus diesem Grund: So lange die sexy angezogene Frau* nicht seine Frau* ist, schaut er gerne hin und kann sich kaum satt sehen. Trotz alledem ist es/sie eine Gefahr für ihn, ansonsten würde er wohl kaum so urteilen. Weil die Aussage: „klar, die Frau da vorne gefällt mir schon, aber wenn meine Frau sich so in der Öffentlichkeit zeigen würde, das würde gar nicht gehen.“

Wieso denn nicht? Wenn seine Frau Lust auf Mini, hohe Schuhe oder roten Lippenstift hat, ist das doch ihre Sache und sie kann sich kleiden und aufbrezeln wie sie möchte. Da braucht es doch eine solche Meinung nicht – insbesondere, wenn man sie damit kleinhalten möchte. Auch Frauen* urteilen oft vernichtend über andere Frauen*, wenn sich eine andere Frau* etwas auffälliger kleidet.

Gönnen wir doch allen Frauen*, die Freiheit zu tragen, was sie möchten. Oder was genau macht uns denn dabei Angst? Dass sie unseren Freund oder Mann ausspannen könnte? Dann sollten wir intelligenterweise eher an unserer Beziehung arbeiten und nicht anderen äusseren Umständen die Schuld geben, wenn der Partner einer anderen Frau* hinterher schaut. Was meiner Meinung nach auch überhaupt nicht schlimm ist. Ich schaue auch gerne schönen Frauen* hinterher und lasse mich davon inspirieren. Oder sind wir einfach neidisch, dass wir uns selbst nicht dafür halten, solche auffälligen Kleider zu tragen? Wir Frauen* sind hier leider auch sehr patriarchisch geprägt. Wir haben das Weltbild des Mannes übernommen und slutshamen zwar nicht ganz so heftig wie er, aber Frauen tun es eindeutig auch und reproduzieren Frauenfeindlichkeiten. So zu sagen: wenn Frauen Frauen bashen.


Ich sage euch, wenn wir es nicht einmal zustande bringen, uns gegenseitig auch nur bei der Kleidung und der Aufmachung nicht klein zu machen, dann werden wir nie und nimmer in der Gleichberechtigung ankommen.


Wieso haben wir solche Angst vor knapper Kleidung? Oder ist es eher sogar Angst vor zu viel nackter Haut? Nur weil ich beispielsweise mehr nackte Haut als gesellschaftlich noch toleriert zeige, ist dies noch lange nicht eine Aufforderung für Flirts, Anmachen oder ich möchte ganz plump gesagt „nur einfach einmal so durchgevögelt werden, weil ich es „nötig“ habe“. Nein, liebe Gesellschaft, nein. Ganz sicher nicht. Es geht niemanden etwas an, wie ich mich anziehe. Es ist meine alleinige Freiheit zu Entscheiden, was ich wann und zu welcher Gelegenheit trage. UND ich betone es noch einmal: Es ist keine Einladung, mich „niederer“ zu behandeln und mich zu sexualisieren.


Lächerlich finde ich zum Beispiel auch die Kleidervorschrift einer Firma oder einer Unternehmung. Die Stellenanforderungen sind zum Teil total überrissen. Am liebsten sollte man fünf Sprachen fliessend beherrschen, einen Hochschulabschluss haben und bereits 20 Jahre Erfahrung mitbringen und noch in seinen Dreissigern sein. Das Bewerbungsverfahren ist mit Einreichen der verschiedenen Abschlüssen und Diplomen und den darauffolgenden Gesprächen ein reines Verkaufsgespräch, in dem man sich von der besten Seite zeigt. Man wird beurteilt, eingestuft und obwohl sie dich dann auch für die beste Wahl halten und dir den Job auch geben, trauen sie dir noch immer nicht zu, dich auch selbstständig angemessen zu kleiden. Als hättest du weniger Hirnzellen als eine Amöbe – also gar keine.

Als würde ich bei meinem ersten Meeting mit meinen neuen Arbeitskolleg*innen im Bikini-Oberteil erscheinen. Für wie dumm haltet man mich?

Solche Vorschriften sind also absolut altertümlich, lächerlich und trauen dem/der Arbeitnehmer*in nicht einmal zu, sich angemessen zu kleiden. Und wen treffen solche Kleidervorschriften am meisten? – ausgenommen Anzug und Krawatte. Klar, die Frauen*.

Kennt ihr die berühmt, berüchtigte Handbreite? Das ist die Breite, die ein Rock aller höchstens beim Sitzen vom Knie hochrutschen darf. HALLO??? Und wieso eine Handbreite? Eine Männerhandbreite? Wer legt der Frau* bei einem vertrauensvollen Gespräch seine Hand aufs Knie? Wohl kaum eine weibliche Vorgesetzte ihrer Angestellten. Wie oft hatte ich früher eine Hand auf meinem Knie, die ich dort garantiert nie wollte? Hier haben sich die Zeiten aber sehr wohl geändert – zum Glück! Wenn heute ein männlicher Vorgesetzter dies mit mir machen würde, wäre dies ein echtes Problem - für IHN. Ich würde nämlich aktiv werden. Ich mache ihn darauf aufmerksam, dass dies eine Grenzüberschreitung ist und würde ihn - je nach Reaktion - auch der Abteilung, die für solche Übergriffe zuständig ist, melden. Ich kann mir aber vorstellen, dass ganz viele Frauen* solche Übergriffe nie melden. Sie getrauen sich eventuell nicht oder haben auch das Gefühl, das gehöre einfach dazu. Es ist sozusagen normal. Leider.


Ihr seht also, in der Kleiderfrage ist die Frau* gegenüber dem Mann* sehr wohl unterdrückt. Das ist eine traurige Verschwendung. Frauen* haben so viele schöne Möglichkeiten sich zu kleiden. Es gibt eine Auswahl in der weiblichen Mode in Hülle und Fülle und warum sollten wir diese nicht nutzen? In der Tierwelt ist es vielleicht das Männchen, das farbenfroher ist und das aufregendere Gefieder oder Fell hat. In der Menschenwelt muss es nicht zwingend umgekehrt sein, aber eine Tendenz dazu kann niemand abstreiten. Ich möchte deshalb alle weiblich gefühlten Personen ermuntern, sich so zu kleiden, wie sie möchten und was ihnen gefällt. Egal, was andere Personen darüber denken – lass sie doch in ihrem biederen schwarz weiss denkendem Weltbild. Du gehst hingegen raus und lebst und fühlst und geniesst. Egal ob mit pinken High Heels oder weissen Sneaker, grünen Hotpants oder Bluejeans, weisser Bluse oder bauchfreiem Top, rotem Lippenstift oder auffälligem Schmuck ist. Lass dir die Sonne auf dein Gesicht scheinen und fühle dich frei. Weil du selber entschieden hast, was du anziehen möchtest und sei gewiss, wenn du dich wohl fühlst und dich schön fühlst, dann strahlst du das auch aus. Man kann deine Zufriedenheit sehen. Ich gönn dir das von Herzen – geniesse es!


Eure – ich ziehe an, was ich will

MINKA



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